rose von jericho
Die Skulptur der Künstlerin Sylvia Kummer, bestehend aus Eisen, Holz, einem Geweih, einem Krickerl, Wolle und 50 Abwurfstangen, entstand 2012 aufgrund einer Einladung zu einer Skulpturenausstellung im Stift Ossiach.
Ausgangspunkt für diese Arbeit war eine Ausstellung gemeinsam mit Daniel Spoerri zum Thema „kümmerlinge“. Unweigerlich war Sylvia Kummer nicht nur mit den durch Verletzungen, Krankheiten oder aufgrund von Erbanlagen kleinen, verformten oder nicht vollständig ausgebildeten Geweihen konfrontiert – die von der Künstlerin überarbeitet, umstrickt, verhüllt, bekümmert wurden – sondern auch mit den Sujets der Jagd, wie Trophäen und Abwurfstangen. Dem Projekt vorangegangen ist die für Sylvia Kummer charakteristischen Recherche-Arbeit, in der sie zu den jeweiligen Themen Informationen sammelt, Interviews einholt und diese auch mittels Ton- und Videoaufzeichnungen festhält.
Der Frühlingsbeginn und die Osterwoche wurden als geeigneter Termin für die Installation am Stephansplatz gewählt – gilt das Geweih doch von jeher als das Symbol für Regeneration und Erneuerung, wie auch die außergewöhnliche Pflanze – Rose von Jericho genannt – in Zusammenhang mit der Wiederauferstehung Christi gebracht wird: wenn diese „Wüstenrose“ nicht mit Wasser „genährt“ wird, erscheint sie leblos, kann jedoch jederzeit zum Leben erweckt werden.
Die Skulptur ist von allen Seiten zu betrachten, man kann rundherum gehen, in das Innere schauen, zuerst nicht Sichtbares entdecken. Gegensätzliche Interpretationen sind möglich: sind die Hirschgeweihe Schutz oder Einengung für den Kümmerling? Diese Überlegungen und der Umgang mit dem „Schwachen“ lassen sich auf unsere gesellschaftspolitischen und sozialen Bereiche oder auf unseren Umgang mit der Natur übertragen. Gleichfalls ist diese Installation aber auch eine Metapher für fremde Kulturen – für das faszinierend Fremde, das von Außen in die Stadt Kommende. Weiters werden durch das Kunstobjekt Geweihe nicht mehr als Jagdsymbol erfasst, sondern es werden neue Bedeutungs- und Interpretationsebenen geschaffen – stammen Abwurfstangen ja im Gegensatz zu den Jagdtrophäen von lebenden Tieren und sind als Geschenk, als freiwillige Gabe der Wildtiere, der Natur zu sehen.
Die Installation der Skulptur, der „rose von jericho“, auf diesem prominenten Platz Wiens kann also neben der ästhetischen Komponente als Impulsgeber gesehen werden, sich über dieses Kulturgut Gedanken zu machen, Diskussionen und Diskurse anzuregen und Gefühle wachzurufen.
Bei den vergangenen Projekten erwies es sich, dass Geweihe jeden einzelnen ansprechen, dass es kaum jemanden gibt, der nicht entweder positiv oder extrem negativ reagiert – sie „erzwingen“ gewissermaßen emotionale Reaktionen, sodass dieses interaktive Projekt eine aktive Beteiligung erwarten lässt.
Was sind Ihre Assoziationen, Gedanken, Gefühle?